Kroatien – Plitvicer Seen

Panta rhei ~ πάντα ῥεῖ ~ Alles fließt

Der Nationalpark Plitvicer Seen in Kroatien

Es gibt Naturwunder, die man gesehen haben sollte, auch wenn sie von Menschenmassen heimgesucht werden. Doch gerade im Herbst, also in der Nebensaison, bietet sich der Besuch eines solchen Naturwunders an – eines, das vor allem Wasserfans faszinieren wird: die Plitvicer Seen (Plitvička jezera) in Kroatien, auf halbem Weg zwischen der Hauptstadt Zagreb und der Adriaküste. Professor Ivo Pevalek, der sich für die Gründung des Nationalparks im Jahr 1949 einsetzte: „Wasser, Seen, Wasserfälle und Wälder gibt es auch anderswo, aber die Plitvicer Seen sind einmalig.“ 1979 wurden sie in die UNESCO-Liste des Weltnaturerbes aufgenommen.

„Nichts auf der Welt ist so weich und nachgiebig wie Wasser.
Und doch bezwingt es das Harte und Starke.“
Laotse

Rückblick: Als Kind schaute ich oft fasziniert zu, wenn mein Vater – er war Steinmetz – große Steinplatten mit einer Kreissäge nass zuschnitt und sie anschließend mit einer Schleifmaschine und Wasser bearbeitete und ihre Ecken abrundete. Das Mark und Bein durchdringende Geräusch, wenn sich die nassen Sägeblätter ganz langsam in die Steinplatten hineinschnitten und sie akkurat durchtrennten, und der Geruch des nassen Steins haben sich mir tief eingeprägt.

Das große Fließen

Stein und Wasser gehören zusammen, das gilt auch für die 16 großen und kleinen Plitvicer Seen. Wer sie das erste Mal besucht, wird von der weitläufigen Wasserlandschaft, die man auf befestigten Bohlenwegen durchstreift, überwältigt sein. Überall rauscht, blubbert und gurgelt es. Es ist das große Fließen: panta rhei – alles fließt (Heraklit). Es ist aber auch das große Fallen: der „Galovac-Wasserfall“ (Galovački buk), der sich über 25 Meter in den gleichnamigen See ergießt, und der „Große Wasserfall“ (Veliki slap) mit 78 Metern in der Nähe von Eingang 1.


Be water, my friend!

„Empty your mind. Be formless, shapeless, like water.
If you put water into a cup, it becomes the cup.
You put water into a bottle, it becomes the bottle.
You put it in a teapot, it becomes the teapot.
Now, water can flow or it can crash.
Be water, my friend!”
Bruce Lee

Wasser ist mein Lieblingselement, nicht nur im philosophischen Sinne. Im Wasser zu schwimmen, egal, ob in einem See oder Meer, ist für mich das Schönste. Aber auch nur am Wasser zu sitzen oder entlang von Wasser zu gehen, kann sehr beruhigend sein. Über Wasser zu spazieren, darüber zu staunen und womöglich sogar zu meditieren, lässt sich ganz wunderbar im Nationalpark Plitvička jezera (Plitvicer Seen). Selbst buddhistische Mönche sind hier unterwegs.

Wir waren Ende Oktober 2016 drei Tage an den Plitvicer Seen. Übernachtet haben wir in Mukinje, von wo aus wir durch einen herbstlichen Wald zum Eingang 2 des Nationalparks wanderten. Auch wenn zu dieser Jahreszeit immer noch relativ viele Menschen den Park besuchen, im Sommer sollen es weitaus mehr sein. Die Bäume hatten bereits ihre schillernden Herbstfarben angelegt. Beeindruckt haben uns die zwölf Oberen Seen (Gornja jezera) in einer sanften Hügellandschaft und die vier Unteren Seen (Donja jezera), deren Ufer von schroffen, weißen Kalkfelsen gesäumt sind, die zig Kaskaden und Wasserfälle.

Auf einer Länge von neun Kilometern ziehen sich die 16 oberirdischen Seen als Kaskaden-System von Süden nach Norden durch die waldreiche und bergige Landschaft. Dabei liegt zwischen dem obersten und dem untersten See ein Höhenunterschied von 133 Metern. Der „Kozjak“ ist der größte aller Plitvicer Seen mit einer Länge von über 2.300 Meter und einer Tiefe von bis zu 47 Metern. Auf ihm verkehren auch die Elektroboote des Nationalparks. Sie fahren die Besucher übers Wasser, allerdings nur bis 31. Oktober, danach machen sie Winterpause. Von November bis Mitte April sind nur der Eingang 1 und der Bereich der Unteren Seen geöffnet. Die Besichtigung ist begrenzt und nur zu Fuß möglich. Bitte informieren Sie sich vorher hier.

Die Wasserfläche der Seen macht nicht einmal ein Prozent des Nationalparks aus. Um die reichhaltige Pflanzen- und Tierwelt nachhaltig zu bewahren, sind rund um die Seen fast 300 Quadratkilometer zur Schutzzone erklärt worden. Damit ist er der größte unter den acht Nationalparks Kroatiens und seit seiner offiziellen Ernennung zum Nationalpark am 8. April 1949 auch der älteste. Dass die Plitvicer Seen nationalen und internationalen Schutz erhielten, war vor allem das Verdienst Professor Ivo Pevaleks (1893-1967), nach dem auch das heutige Wissenschafts-und Forschungszentrum benannt ist.


Steter Tropfen bildet den Stein

Professor Pevalek war einer der ersten Forscher des Naturphänomens Plitvicer Seen. Er erkannte, dass das Zusammenspiel von Wasser und Gestein für die einzigartige Geomorphologie der Seen ausschlaggebend ist. Das Wasser löste und löst auch heute noch Kalk aus dem Gestein, der an anderen Stellen wieder abgelagert wird.

Durch das mit Kalziumkarbonat übersättigte Wasser und mithilfe spezieller Algen- und Moosarten entsteht Rauwacke oder Travertin, eine poröse Kalksteinart. Aus ihr bestehen die Barrieren zwischen den Seen. Die Kalksteinbildung ist ein biodynamischer Prozess und verändert das Aussehen der Seen und Wasserfälle kontinuierlich. Manche verschwinden, neue entstehen – ein fortwährender Kreislauf und ewiger Wandel…

„Des Menschen Seele gleicht dem Wasser:
Vom Himmel kommt es, zum Himmel steigt es,
und wieder nieder zur Erde muss es, ewig wechselnd.“
Johann Wolfgang von Goethe, Gesang der Geister über den Wassern, 1779

Virtueller, meditativer Spaziergang…

… durch den Nationalpark Plitvička jezera mit 152 Fotos, Wasserrauschen und frühlingshaftem Vogelgezwitscher 


Schätze der Welt – Erbe der Menschheit

Der Beitrag in höherer Auflösung in der Youtube.

 

Bruce Lee: „Be Water, My Friend!“

„Running water never grows stale. So you got to keep on flowing.“
„Fließendes Wasser wird nie schal. Deshalb bleibe im Fluss.“

 

 

4 Gedanken zu „Kroatien – Plitvicer Seen“

  1. Liebe Jutta, ich war 1975 für ein paar Tage an den Plitvicer Seen – im Sommer – doch es war noch sehr geruhsam. So wie es wohl auch Rolf kennen gelernt hat. Eine wunderschöne und eindrucksvolle Landschaft. Ich werde wohl besser die Erinnerung bewahren, die mir bei euren Fotos wieder sehr gegenwärtig wird. Danke!

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    • Ja, Karin, manchmal ist es wohl besser, wenn man Orte, die man in der Vergangenheit kennen gelernt hat, nicht nochmal besucht, da die Desillusionierung sonst zu groß wäre. So kann man wenigstens in schönen Erinnerungen schwelgen. 🙂

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  2. Ich lernte die Plitvicer Seen bereits zu Beginn der 70er Jahre kennen. Damals waren sie noch eine stille, verträumte Seen-Landschaft. Als ich nach langer Zeit vor einem Jahr wieder dort war, war ich maßlos erschrocken über den maßlosen Rummel, der sich in der Zwischenzeit dort eingestellt hat. Die Massen erdrückten sich fast, als sie sich über die Wege wälzten, und es wurde mehr fotografiert, statt hinzusehen. Eine bewusste Wahrnehmung der Natur, die so wichtig wäre, um den Wert der Natur für unser Leben, ja sogar Überleben, zu schätzen, ist dabei gar nicht möglich – ist wahrscheinlich bei der Mehrzahl der Besucher gar nicht beabsichtigt. Mit dem Grundgedanken eines Nationalparks ist so etwas nicht vereinbar, denn eigentlich sollte den Besuchern solcher Gebiete die Schönheit und der Schutzwert einer naturnahen oder -belassenen Landschaft bzw. der gesamten Natur und des sorgsamen, verantwortlichen Umgangs mit ihr vermittelt werden! So wird Natur eigentlich mißachtet – und eher geschädigt. Im Grunde müsste der Besucherstrom eingedämmt werden, aber natürlich ist der Staat Kroatien scharf auf die Einnahmen seitens der Besucher. So fällt leider jede Landschaft nach und nach der Zerstörung anheim, weil alles, was Geld bringt, vermarktet wird – auch naturnahe, schützenswerte Landschaft. Schade, schade, schade! Wann fangen wir an, zu lernen und unser Fehlverhalten gegenüber der Natur zu überdenken?!

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    • Lieber Rolf, in der Hochsaison würde ich diese Seen nicht besuchen. Wir waren Ende Oktober bis 1. November 2016 für drei Tage in diesem wundervollen Gebiet. Ab 1. November fahren keine Schiffe mehr und der Besucherstrom lässt deutlich nach. Die Wege sind so angelegt und befestigt, dass man sie kaum verlassen kann und auch nicht möchte. Der Nationalpark ist ganzjährig geöffnet, man kann die Seen also auch im Winter aufsuchen, was sicherlich ebenfalls sehr reizvoll ist. Ich habe die Besucher an den drei Tagen so erlebt, dass sie diszipliniert waren, nichts weggeworfen und auch nichts zerstört haben. Der große Unterschied zu anderen überlaufenen Gebieten wie z.B. Venedig ist, dass die Besucher abends den Park verlassen müssen. So hat die Natur wenigstens über Nacht ihre Ruhe.

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