La Mer – Mon Amour
Blaue Reise auf einem türkischen Traumschiff
durch die griechische Inselwelt
Ich liebe das Meer, das Element Wasser, die Gezeiten, Schwimmen, Schnorcheln und Segeln. Auf einem Segelboot fuhr ich 1998 entlang der Kornaten in der kroatischen Adria und 2013 entlang der Ostküste Sardiniens mit. Im September 2015 erfüllte sich ein lang gehegter Wunsch: Mediterranean Delights Fitness Voyage (MDFV), ein amerikanisch-türkisches Unternehmen, lud mich zu einer einwöchigen Blauen Reise durch die griechische Inselwelt auf der Muhteşem A., einem türkischen Luxus-Gulet, ein.
Mein Logbuch nimmt Sie mit auf die Fahrt durch die südöstliche Ägäis, deren Inseln zu den Südlichen Sporaden und zur Inselgruppe der Dodekanes gehören. Sie besteht aus 12 Hauptinseln, daher auch der Name. Unsere Reise startete und endete in Rhodos, der Hauptstadt des Dodekanes. Die Etappen waren: Rhodos – Symi – Datça (Türkei) – Knidos – Kos – Nysiros – Tilos – Halki – Alimia – Rhodos. Ein Erlebnis, das mir im Nachhinein wie ein Traum erscheint: Slow Travel gepaart mit moderatem, frühmorgens bei heißen Temperaturen aber auch schweißtreibendem Fitnesstraining und leckerer Mittelmeerküche.
Panta Rhei – alles fließt
1998 habe ich bei einem Münchner Verlag in der Reihe „Panta Rhei“ (griechisch für: alles fließt) drei Bücher über die Ur-Elemente geschrieben, eines davon über Urkraft Wasser. Ich weiß um die tragende und heilsame Kraft von Meerwasser, aber auch um die unbändige und zerstörerische Urgewalt eines tiefen Meeres. „The Abyss“ und „The Big Blue – Im Rausch der Tiefe“ gehören zu meinen Lieblingsfilmen. Einmal schwappte am südwestlichen Zipfel Sri Lankas eine gewaltige Welle über mich hinweg – die Unterwasserströmung hätte mich fast ins Meer hineingezogen und verschlungen. Seither habe ich noch mehr Respekt davor. 2001 war ich im Dolphin Reef in Eilat (Israel) mit Delfinen schnorcheln und zum ersten und bisher einzigen Mal an der Hand eines Guides tauchen, eines meiner schönsten Erlebnisse.
Logbuch, 1. Tag: Insel Rhodos
Mittwoch, 9. September 2015: Rhodos Stadt, Mandraki Hafen, 30° Celsius
Rhodos ist die größte Insel des Archipels Dodekanes und die viertgrößte Insel Griechenlands. Sie liegt an der Kreuzung von zwei großen Schiffahrtswegen im Mittelmeer, zwischen der Ägäis und der Küste des Mittleren Ostens bzw. Kleinasiens. Die Türkei ist nur 18 Kilometer entfernt. Die Hauptstadt der „Ritterinsel“ Rhodos befindet sich im Norden der Insel an der „Delphin-Schnauze“.
Was mir hier sofort auffällt, ist der starke Wind, ähnlich wie auf den Kapverden oder in Kroatien, wenn die Bora bläst. Rhodos heißt auch „Stadt der Winde“, zwischen Juni und September ist die Hoch-Zeit des Meltemi (griechisch μελτέμι) bzw. Meltem (türkisch für „Brise, sanfter Wind“). Der Meltemi bringt heiteres Wetter und gute, klare Sicht mit sich.
Im Mandraki Hafen liegt die wunderschöne, 32 Meter lange Luxus-Gulet aus rotbraunem, edel glänzendem Holz mit dem Namen Muhteşem (türkisch für: herrlich, pompös, herausragend) unter türkischer Flagge. Unsere Gruppe ist klein und international. Hedi, meine Begleiterin, und ich sind die einzigen Deutschen. Außer uns ist noch eine Engländerin namens Tania mit dabei. Alle anderen neun Gäste stammen aus den Vereinigten Staaten, vier von ihnen sogar aus Kalifornien. Unsere Englischkenntnisse werden in dieser Woche sicherlich aufgefrischt. Auf meine Frage, warum sie hier ist, antwortet Tania in feinstem britischem Englisch: „I came for peace.“ Zu dem Zeitpunkt weiß ich noch nicht, dass sie sage und schreibe 13 Kinder hat und seit 23 Jahren zum ersten Mal allein – ohne Familie – unterwegs ist.
Boarding auf der Muhteşem A.
Kaliméra! Hoş geldiniz! Herzlich willkommen!
An Bord erwartet uns die vierköpfige männliche Crew, allesamt Türken, inklusive Kapitän Aytekin Karayiğit. Sein Vorname bedeutet: Mondprinz, gelassen oder vertrauensvoll wie der Mond. Seine Haltung und sein Wesen strahlen das tatsächlich aus! Die Crew ist ein perfekt eingespieltes Team, in dem jeder seine Funktion und Rolle hat.
„Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Deine Männer zusammen, um Holz zu beschaffen und die Arbeit zu verteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer“ (Antoine de Saint-Exupéry) – diese Sehnsucht scheinen Aytekin und seine Männer zu kennen. Zu acht haben sie ein Jahr lang an dem Schiff gebaut. 2013 wurde die Muhteşem A. als Gulet, Design-Typ Aynaketsch, vom Stapel gelassen. In acht Kabinen mit Klimaanlage und separatem Bad mit Dusche können bis zu 16 Personen übernachten. Wenn sie nicht als Urlaubsschiff übers Meer fährt, liegt sie im Hafen von Marmaris.
Geschichten über „Blaue Augen“…
Auf dem Weg nach unten in unsere Kabine fällt mir an der Wand eine bunte, staubwedelartige Dekoration auf. Die dunkelblau-weißen Steine aus Glas kenne ich. Brigitte, eine Freundin aus Essen, die mit ihrem Mann neun Jahre in Istanbul lebte, hat mir eine mit solchen Steinen verzierte Tasche geschenkt. Es sind augenförmige Nazar-Amulette oder Nazar-Perlen. Im arabisch-orientalischen und türkischen Volksglauben sollen sie vor Neidern und dem bösen Blick schützen. Im Türkischen bezeichnet nazar boncuğu das Nazar-Amulett bzw. wörtlich die Blick-Perle. Blau sind sie, weil das die göttliche Farbe ist. Der Ursprung des „Blauen Auges“ liegt bei den Turkvölkern und wurde durch die Seldschuken und Osmanen verbreitet. Heutzutage findet man auf orientalischen Märkten, den Souks, Objekte mit Glasaugen, zum Beispiel Anhänger, Armbänder, Ringe, Taschen etc., wie Sand am Meer. Sie werden von Touristen als Souvenirs, aber auch von Einheimischen, gerne gekauft.
…. und „Blaue Reisen“
Brigitte, meine turkophile Freundin, ist ein großer Fan von Blauen Reisen entlang der türkischen Küste und schwärmt mir jedes Mal aufs neue davon vor: „Ich liebe Blaue Reisen und bin noch nie enttäuscht von Bord gegangen. Das Essen ist typisch türkisch und jeder Koch an Bord bringt die Kenntnisse aus seiner Familie mit. Es schmeckt immer und ist so bekömmlich. Ich brauche keinen Flachbildschirm, keine Aircondition und kein Jacuzzi. Eine Blaue Reise hat für mich den größten Erholungswert.“
Interessant ist auch die Historie der Blauen Reise – auf Türkisch „Mavi Yolculuk“, wie sie sich entwickelt hat: Es begann 1928, als Cevat Sakir Kabaagacli nach Bodrum zog. 1925 wurde der Historiker, Übersetzer und Romanschreiber wegen eines Artikels in dem Magazin „Resmi Hafta“ für drei Jahre ins Exil nach Bodrum verbannt. Die Bestrafung war für Cevat Sakir aber eher eine Belohnung, weshalb ihn das Gericht zurück nach Istanbul beorderte, wo er den Rest seiner Strafe verbrachte. Nachdem er sie beendet hatte, ging er zurück nach Bodrum, weil er die Stadt und seine Bewohner so liebte, und ließ sich dort nieder. 25 Jahre lang lebte und arbeitete er hier und war als Fischer von Halicarnassus bekannt.
Cevat Sakir und seine Freunde unternahmen oft Segelausflüge in den Golf von Gökova, auf die sie nur Wasser, Käse, Brot, Tabak und Raki, das in der Türkei beliebteste alkoholische Getränk, mitnahmen. Hier gab es keine Zeitung, kein Radio, nur eine unglaubliche Stille und Frieden. Diese Törns waren die Vorläufer der heutigen Blauen Reise, die Inspiration dafür. Daraus hat sich ein florierendes Geschäft – nicht nur in der Türkei, sondern auch in Griechenland, Kroatien, Mallorca und anderen Ländern rund ums Mittelmeer – entwickelt.
Zurück auf unser Schiff: Unsere Kabine befindet sich unter Deck im Heck. Sie ist klein, aber fein, hat zwei Bullaugen, zwei Einzelbetten und sogar einen Kleiderschrank. Ein separates Bad mit Dusche gibt es auch noch und sogar eine Aircondition. Obendrein liegt auf jedem Bett ein hübsch gestreiftes und mit unserem Vornamen versehenes Gastgeschenk: ein „Peştemal“, ein türkisches Handtuch, das wir auf den weißen Matratzen an Deck und später im Hamam auch als Pareo oder Lendenschurz benutzen können. Viel Zeit zum Auspacken bleibt nicht, denn Ali, unser Tour-Guide und neben Cynthia einer der beiden Partner von MDFV, wartet schon. Er will uns Rhodos-Stadt zeigen und dann in einer griechischen Taverne mit uns essen gehen.
Stadtrundgang durch Rhodos
Für die Südlichen Sporaden ist Rhodos „like a big brother„, erzählt Ali, während er uns in der größten Mittagshitze durch den Burggraben entlang der Altstadt führt. Wie ein großer Bruder deshalb, weil Rhodos an die benachbarten kleineren Inseln Wasser und Elektrizität liefert.
Die Altstadt von Rhodos ist noch vollständig von ihrer vier Kilometer langen, mittelalterlichen Stadtmauer umgeben, die von einem zweieinhalb Kilometer langen Wallgraben gesäumt wird. Es ist grün und ruhig, viele steinerne Kanonenkugeln liegen am Wegesrand. In den Mauern stecken an einigen Stellen noch die Steinkugeln der osmanischen Artillerie. Im Burggraben befindet sich auch das Theater Melina Merkouri, in dem jedes Jahr kulturelle Veranstaltungen stattfinden. Durch das St. Antonius Tor, eines von vielen Eingangstoren, gehen wir in die mittelalterliche Stadt hinein und tauchen in die Geschichte ein. Die Altstadt von Rhodos ist seit 1988 Weltkulturerbe der UNESCO. Sie ist ein Schmelztiegel unterschiedlicher historischer Epochen mit wechselvoller Geschichte, in der die Ritterzeit und die osmanische Epoche dominieren.
Die wichtigsten Zahlen und Fakten:
408 v. Chr. wird die Stadt Rhodos durch die drei Stadtstaaten Lindos, Kamiros und Ialyssos gegründet. Ein bedeutender Handelshafen entsteht. Helios, der Sonnengott, wird zum Stadtgott gewählt. Helios zu Ehren soll auch der Koloss von Rhodos entstanden sein, ein spreizbeiniger, nackter Jüngling mit Sonnen-Corona um das Haupt.
Die in Bronze gegossene Statue wurde nach zwölfjähriger Bauzeit um etwa 292 v. Chr. vollendet, war rund 30 Meter hoch und zählte zu den sieben Weltwundern der Antike. Wo er wirklich stand, ist bis heute nicht geklärt. Sicher ist jedoch, dass er nicht breitbeinig über dem Hafeneingang thronte, wie es oft bildlich dargestellt wird. Diese Legende stammt aus dem 14. Jahrhundert, als die Kreuzritter Rhodos beherrschten. Nach nur 66 Jahren Standzeit brachte ihn 226 v. Chr. ein Erdbeben zum Einsturz. Laut einer Meldung griechischer Medien vom 3.11.2015 gibt es Pläne, den Koloss neu aufzubauen. Er soll 150 Meter hoch werden, fünfmal größer als die ursprüngliche Statue, und etwa 240 Millionen Euro kosten. Sponsoren gibt es noch keine.
1309 erobern aus dem Heiligen Land vertriebene Ritter des Johanniter-Ordens aus acht Staaten unter dem Großmeister Foulquet de Villaret Rhodos. Sie bauen die vorhandene byzantinische Stadtbefestigung, die heute noch fast vollständig erhalten ist, aus. Die Festungsmauer verfügt über imposante Tore, eindrucksvolle Türme, Brücken und Gräben. Aufgabe der Johanniter-Ritter war es ursprünglich, das Heilige Land zu verteidigen, später dann die Pilger zu unterstützen. Das bedeutendste Monument der Kreuzritterzeit ist der Großmeisterpalast.
1522 bringen die türkischen Osmanen unter Sultan Süleyman I, auch der Prächtige genannt, die Stadt unter ihre Herrschaft. Die wenigen verbliebenen Johanniter-Ritter flüchten nach Malta, aus den Johannitern werden die Malteser-Ritter. Fast 400 Jahre regieren die Osmanen; Moscheen und Minarette in Rhodos-Stadt zeugen von dieser Epoche.
1912 erobern die Italiener Rhodos und vertreiben die Türken.
1948 wird Rhodos zusammen mit den anderen Inseln des Dodekanes mit Griechenland vereinigt.
Impressionen von Rhodos-Stadt
Trockenes Geschichtswissen macht hungrig und durstig. Wir stärken uns bei einem ersten gemeinsamen Mittagessen im „Ipiros“, einer typisch griechischen Taverne auf der „Nea Agora“ (Neuer Markt) am Mandraki-Hafen. Danach können wir die Stadt auf eigene Faust erkunden.
Hedi und ich entdecken in der Orfeos Str. 1 den Uhrturm „Roloi“, den höchsten Punkt der Stadt. Von hier oben hat man einen herrlichen Panoramablick auf die Altstadt bis zum Meer und zu den Kreuzfahrtschiffen. Im Eintrittspreis ist für jeden ein Gratisgetränk in der Bar auf der Dachterrasse enthalten. Wir nehmen einen Kaffee frappé, einen griechischen Eiskaffee, den wir in entspannter Atmosphäre genießen.
Ahoi, Käpt’n Aytekin! Die Fahrt kann losgehen.
Pünktlich um 16 Uhr sind wir alle wieder an Bord. Wir verlassen den Mandraki-Hafen in Rhodos-Stadt und brechen auf zur ersten Bucht „Paradissi“. Hier werden wir nach dem abendlichen Stretching gemeinsam essen und übernachten – jeder, wie er mag: entweder in seiner Kabine oder auf Deck.
Vor dem Abendessen liest Ali das Programm und die Schönwetterprognose für den nächsten Tag vor. Auf Symi freue ich mich. Vor rund 20 Jahren war ich schon mal auf der kleinen, griechischen Insel mit den vielen Kirchen, Klöstern und Kapellen. Etwa 200 soll es geben. Das bekannteste ist das Kloster Panormitis. Es ist dem heiligen Michael geweiht und beherbergt ein kleines Museum.
Logbuch, 2. Tag: Insel Symi
Donnerstag, 10. September 2015: Symi – Kayadibi-Bucht und Symi-Hafen, 31° Celsius
Morgens um 6:30 Uhr springt der Schiffsmotor an. Wie gern würde ich schon aufstehen und nach oben gehen, um den Start mitzuerleben und zu fotografieren. Aber ich bin viel zu müde, um mich aus meinem Bett zu erheben. Die erste Nacht in unserer Kabine war ungewohnt, das Schaukeln und die Hitze ließen mich nur wenig schlafen. Hoffentlich gewöhne ich mich wieder daran. Vielleicht sollte ich doch mal im Freien auf Deck schlafen so wie einige andere. Wenn da nur nicht so viel Wind wäre.
Drei Stunden später ankert die Muhteşem vor Symi – nur 21 Seemeilen bzw. rund 39 Kilometer von der türkischen Küste entfernt – in einer traumhaften Bucht „Kayadibi“. Sie liegt eingerahmt von steil aufsteigenden Felswänden und Meerwasser, das in sämtlichen grün-blauen Farbnuancen schimmert, darüber ein wolkenlos blauer Himmel.
Neugier, Hitze und Hunger treiben mich schließlich doch noch aus dem Bett und nach oben an den farbenfroh gedeckten Frühstückstisch.
Türkisches Sprichwort: „Wer süß isst, der süß spricht“
Unser gemeinsames Frühstück ist üppig: Es gibt Tee, Kaffee, Fruchtsaft, Tomaten, Gurken, Butter, Käse, Brot , Eier sowie türkischen Honig „Helva“ und „Tahin-Pekmez“, süßen Brotaufstrich aus Sesampaste und Trauben-Sirup. Türken lieben es süß. Im Türkischen sagt man: „Her sabah yerseniz kışın üşümezsiniz.“ Das bedeutet: „Isst man es jeden Morgen, so friert man im Winter nicht.“
Vorsicht, auch wenn es noch so gut schmeckt: Es ist kalorienreiche Kost, die man lieber in Maßen genießen sollte!
Maßvoll halte ich es mit der Morgenfitness, die an diesem Tag ausnahmsweise erst nach dem Frühstück auf dem Programm steht. Mein Magen ist noch zu voll, es ist viel zu heiß und die Übungen mit den Bändern machen mir auch nicht recht Spaß. Dafür fotografiere ich nun schwitzende Leiber beim Sporteln. Sorry, Steve, aber ich trainiere lieber mit leerem Magen vor dem Frühstück oder abends vor dem Essen. Wenn’s sein muss, auch mit diesen bunten Bändern und Bällen, mit denen du uns so gerne triezt.
Unser erster Schwimm- und Schnorchelausflug in der Bucht vor Symi ist herrlich, das Wasser warm, salzig, klar und sauber. Ich schwimme vom Schiff zum Ufer. Nur wenige Menschen sind hier. Eine kleine Kirche weckt mein Interesse. Sie wirkt verlassen und strahlt Ruhe aus. Wilde Ziegen, farblich so gut getarnt, dass man sie auf den ersten Blick kaum erkennt, grasen an den steilen Berghängen. Auf dem Rückweg zum Schiff sehe ich beim Schnorcheln Fische. Vorzüglich ist auch das Mittagessen, das Käpt’n Aytekin und seine Crew jeden Tag aus überwiegend frischen Zutaten zaubern.
Relaxen…
Den Nachmittag verbringt jeder, wie es ihm beliebt: Die meisten – inklusive Crew und Käpt’n – machen ein Nickerchen, dösen oder lesen auf Deck.
… und Jumpen
Einige sind aber auch im und auf dem Wasser sportlich aktiv. Ihre Sprünge und Salti ins Wasser sehen ziemlich waghalsig aus, scheinen aber auch sehr viel Spaß zu machen. Fitness, die so spielerisch wirkt und so viel Fun bringt, kann nur gesund sein, oder?
Tägliche Rituale
Davon gibt es an Bord einige:
- Morgens oder abends bietet Steve Fitness zum Mitmachen (oder Zuschauen) an.
- Jeden Abend liest Ali das Programm für den nächsten Tag vor. Seine Wetterprognosen – von allen immer mit Spannung erwartet – sorgen für viel Gelächter. Denn „sunny and hot“ und um 30 Grad Celsius ist es jeden Tag aufs neue.
- Jeden Tag serviert die Crew drei Mahlzeiten – Breakfast, Lunch, Dinner – und zusätzlich um 17 Uhr Çay (Tee) mit Plätzchen.
An der „Afternoon Tea Time“ merken wir beiden, dass wir mit einem anglo-amerikanischen Publikum unterwegs sind. Ihre jugendlich unbekümmerte Easy-going-Mentalität gefällt mir.
Impressionen von Symi
Wir verlassen die idyllische Bucht und fahren zum Hafen der Inselhauptstadt Symi, nur etwa neun Kilometer westlich des türkischen Festlandes. Im Hafen liegen einige teure Yachten. Unsere Abendwanderung über die Insel führt vorbei am Kloster St. George. Naturschwämme werden – wie bei meinem ersten Besuch vor 20 Jahren – immer noch verkauft, obwohl es kaum mehr Schwammtaucher gibt. Ein Blickfang sind die witzigen, amerikanischen T-Shirts mit Tiergesichtern. Das nächtlich illuminierte Symi verleiht unserem Dinner an Deck nostalgisches Flair.
Logbuch, 3. Tag: Halbinsel Datça (Türkei)
Freitag, 11. September 2015: Datça (Türkei) und Knidos, 28° Celsius
Tag Drei unserer Voyage ist ein besonderer Tag. Es ist Freitag, für unsere türkische Crew wie bei uns Sonntag. Vielleicht ist das auch der Grund, warum unser Schiff um sieben Uhr früh Richtung Datça, eine 80 Kilometer lange, schmale Halbinsel im Südwesten der Türkei, aufbricht. In der Mitte der Halbinsel liegt der gleichnamige Ort Datça. Hier steht vormittags der Besuch eines Hamams, eines türkischen Dampfbads, auf dem Programm.
Vorher gibt es an Deck aber noch Frühstück und zur Feier des Tages eine türkische Spezialität: „Sigara Börek“, mit Käse gefüllte, frittierte Teigröllchen, die aussehen wie Zigarren. Sie schmecken total lecker.
Kochkurs an Bord: An einem Nachmittag dürfen wir Sigara Börek selbst zubereiten. Der Käpt’n hat die Käse-Kräuter-Füllung schon vorbereitet und zeigt, wie man sie auf dem Teig (Yufka-Teigblätter) in die richtige Form bringt. Auch Rollen will gelernt sein. Rezepte gibt es hier.
Das Meer in mir
Auf dem Weg zum Hamam in Datça spüre ich das Meer und die Wellen in mir wogen. Wahrscheinlich schwanke ich ebenso. Wie schnell das bei mir geht: Ich bin erst zwei Tage auf einem Schiff und schon ist mein Gleichgewichtssinn aus der Balance. Bei anderen scheint das langsamer oder später zu kommen. Womit das wohl zusammenhängt?
Impressionen von Datça
In Datça hängen viele türkische Flaggen an den Häusern – so wie bei uns, wenn Fußball-Weltmeisterschaft ist. Ali bemerkt dazu nur, dass die Türken ein stolzes, patriotisches Volk sind.
Im Hamam: Nicht nur Döner macht schöner
Der Hamam von Recep – sein Name bedeutet „Respekt“ – ist kein Schickimicki-Hamam, sondern ein typisch traditioneller, in den auch Einheimische gehen. Seine Schwiegertochter Elif – ihr Name bedeutet „rank, schlank“ – ist eine von zwei Masseurinnen, die uns Frauen behandelt. Nach dem Auskleiden dürfen die Damen im Bikini – ausnahmsweise zusammen mit den Herren in Badehosen – in einen Raum mit einer Glasluke an der Decke. Es ist hell, dampfig-heiß und leicht neblig – die tropische Ergänzung zu 35 Grad trockener Außentemperatur. In der Mitte des Raums steht ein großer, runder, heißer Steintisch. Hier können wir uns auf unser Peştemal legen und schwitzen. Auf dem Stein findet auch die Reinigungsprozedur statt, die sowohl sanft, als auch kräftig ist und eine Art „Wohlweh“ erzeugt.
Recep nimmt sich nacheinander Pablo, Danny und Steve vor. Jeder wird durchgewalkt, geknetet, eingeseift und abgeduscht. Während Elfi meine gebräunte Haut bearbeitet, gehen kleine, braune Schüppchen ab. Ich empfinde die Prozedur trotzdem als angenehm und viel zu kurz. Bei meinem nächsten Türkei-Urlaub werde ich das sicher nochmal ausprobieren.
Knidos: antike Tempelstadt und nackte Aphrodite
Nach drei Stunden Schiffsfahrt erreichen wir Knidos. Die antike Hafenstadt liegt nur 34 km westlich von dem Städtchen Datça an der Westspitze der Halbinsel Datça. Knidos hat zwei Häfen und liegt auf der Grenze zwischen Ägäischem Meer und Mittelmeer.
Der Ort ist bekannt durch seine Ausgrabungen und war einst berühmt für seine vielen Tempel (Dorischer Tempel, Apollon-Tempel, Korinthischer Tempel, Dionysos-Tempel, Rund-Tempel, Demeter-Heiligtum), sein Theater, das erste Observatorium und Aphrodite, die Göttin der Liebe, Lust und Schönheit. Es war die erste lebensgroße Darstellung der vollkommen unbekleideten „Schaumgeborenen“ (das griechische Wort aphrós bedeutet Schaum). Sie zeigte, wie sie sich auf das rituelle Bad vorbereitet: In ihrer linken Hand hält sie ihr Gewand, während sie mit der Rechten ihre Blöße bedeckt. Die Römer bezeichneten sie auch als „Venus pudica“, als schamhafte Venus.
Andere Namen der Aphrodite lauten Mari (die See), Moira, Marina, Pelagia und Stella Maris (Meeresstern) und bezeichnen ihre Herrschaft über das Meer. Bei Seeleuten galt sie als Schutzpatronin mit dem Beinamen Urania, denn sie war die Tochter von Uranos, dem Himmelsgott, und konnte die Winde und Wolken des Himmels besänftigen und das Meer zum Lächeln bringen.
Für die damalige Zeit war das nackte Abbild einer Frau, noch dazu einer Göttin, ein Frevel, der aber auch viel Bewunderung für die hohe künstlerische Qualität auslöste. Die Bürger von Kos, die die Statue bei dem griechischen Bildhauer Praxiteles in Auftrag gegeben hatten, lehnten sie jedoch ab.
Bildhauerische Meisterleistung
Um 340 v. Chr. erwarb Knidos die aus Parischem Marmor geschaffene Aphrodite und stellte sie in einem speziell eingerichteten Tempel auf, wo sie von allen Seiten betrachtet werden konnte. Sie lockte viele Besucher aus allen Regionen des Mittelmeerraums an. Plinius der Ältere, ein römischer Gelehrter, schrieb: „Die Venus des Praxiteles übertrifft alle Kunstwerke der ganzen Welt. Viele haben die Seefahrt nach Knidos unternommen, bloß um diese Statue zu sehen.“
Dies erinnert mich etwas an indische Tempel, die von Indern auch aufgesucht werden, um sich die Darstellungen nackter Körper anzuschauen. Manche haben sich so selbst aufgeklärt, wie mir ein Inder vor Ort anvertraute.
Das Original der Aphrodite bzw. Venus ist zwar nicht mehr erhalten, aber es gibt mindestens 50 plastische Kopien davon. Zunächst fertigten hellenistische Künstler viele Nachbildungen an. Auch zahlreiche römische Kopien entstanden, wobei keine wirklich getreu oder vollständig erhalten ist. Die vollständigste Kopie ist eine Rekonstruktion des Körpers im Vatikan und des Kopfes aus der Sammlung Kaufmann im Louvre.
„Als wir uns an den Schönheiten dieses Ortes satt gesehen hatten, hatten wir es eilig, in den Tempel selbst zu gelangen. Die Göttin steht in seiner Mitte; ihre Statue besteht aus Parischem Marmor. Ihre Lippen sind mit dem Anflug eines Lächelns leicht geöffnet. Nichts verdeckt ihre Schönheit, die vollkommen dargestellt ist, außer einer Hand, die verstohlen die Scham bedeckt. Der Kunst des Bildhauers ist es gelungen, dem Marmor seine Härte zu nehmen und damit die Anmut ihrer Gliedmaßen zu formen.“ (Pseudo-Lukian, Erotes 15)
Afiyet olsun! – Guten Appetit!
Von all dem, der großen kulturellen Bedeutung von Knidos, erfahren wir leider nur wenig. Wir gehen auch nicht an Land, sondern halten uns auf dem Schiff oder im Wasser auf, was ja auch sehr erholsam ist. Ali fischt von Bord aus mit Shrimps als Köder. Leider ist ihm das Anglerglück dieses Mal nicht hold. Gut, dass die Crew ausreichend Fisch in ihren zwei Tiefkühltruhen gelagert hat. Zusammen mit den Meze ist es dann doch wieder ein Gaumenschmaus. Guten Appetit – Afiyet olsun!
Fortsetzung folgt…
Wenn Sie von den griechischen Inseln noch ein paar mehr kennen lernen möchten – auch wenn es nicht „777 wonderful Greek islands“ wie in diesem interessanten, englischsprachigen Reiseführer sein werden -, dann kommen Sie mit auf unsere Reise nach Kos in Teil 2 meines Logbuchs.
Zu der Schiffsreise hatte mich Mediterranean Delights Fitness Voyage (MDFV) im September 2015 eingeladen, damit ich über meine Erfahrungen schreibe. An- und Abreise erfolgten auf eigene Kosten.
Weitere Informationen
Interessanter Film über den 21-jährigen Niederländer Boyan Slat, der sich eine große Aufgabe gestellt hat und die Weltmeere von Plastikmüll befreien will (englischsprachig mit deutschen Untertiteln):
Ab 18! – Der Junge und das Meer, Dokumentarfilm von Till Schauder, 2015
Einfach wunderschön anzusehen. Leider sind Schifffahrten nicht mein Ding. Aber das Meer liebe ich über alles. Da genieße ich jede Minute. Es gibt kaum was Schöneres.
Danke, Martina! Leichten „Seegang“ spüre ich auch noch Tage später an Land, aber das verfliegt jedes Mal wieder.
What a wonderfully relaxing trip but it seems so long ago. I loved your first write-up – it took me back to our time together! I look forward to the second part x
Thanks, Tania! Yes, we had a wonderful trip on this ship, seems like a dream somehow. But „dreams are my reality“… 😉 Jutta