Unterwegs auf dem Balkan

3-Länder-Studienreise:
Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Montenegro

Reflexionen über einen Reiseleiter

Ab und zu mache ich auch mal eine organisierte Reise, bei der ich nur buchen und zahlen muss, meist ganz spontan ein bis zwei Wochen vor Reisebeginn. Nachdem ich im September mit einem Freund mit dem Flixbus in Rovinj (Istrien) war (von und nach München 11 Stunden Fahrt!) und dort in einer Airbnb-Unterkunft mit großem Balkon gewohnt hatte (alles selbst organisiert), wollte ich meine Kroatien-Eindrücke weiter vertiefen und mich auch für die Steuererklärung 2021 belohnen, die mich im Oktober meine letzten Nerven gekostet hatte.

Silhouette von Rovinj (Istrien) im September, aufgenommen bei einer Radtour zum Lim-Fjord.

Frei wie ein Vogel reisen ohne „G“

Foto: Jürgen Baues

Zufällig fiel mir die Broschüre von RSD Reise Service Deutschland in die Hände. Spontan rief ich an und erfuhr, dass für die Studienreise Kroatien-Bosnien-Herzegowina-Montenegro im November noch Plätze und Einzelzimmer frei sind und – was für mich nicht unwichtig ist – keine Impfung, kein Nachweis des Genesenen-Status und auch kein Test erforderlich. Mein Herz hüpfte! Kairos (καιρός), der Gott des rechten Augenblicks, schien seine Hände im Spiel zu haben.

Denn die meisten großen Reiseveranstalter verlangen immer noch die 2G- bzw. 3G-Regel: Geimpft, Genesen, Getestet. Deshalb rief ich an einem Tag gleich dreimal bei RSD an, immer wieder ungläubig nachfragend, ob ich denn alles richtig verstanden hätte. Ja, ich hatte richtig gehört: Ich konnte als Ungeimpfte und ohne PCR-Test mit.

Freebird – Nomen est omen!

Als bei meinem dritten Anruf der Saisonzuschlag wegfiel und ich zum Reisepreis nur noch den Flughafen- und Einzelzimmerzuschlag zahlen sollte, buchte ich zehn Tage vor Reisebeginn die zweiwöchige Reise auf den Balkan: Hinflug mit „Freebird“, einer türkischen Airline, nach Dubrovnik am 3. November, Rückflug nach München am 17. November 2022.

UNESCO-Weltkulturerbestätten an der Adria

In der ersten Woche fand unsere Rundreise durch Dalmatien, Bosnien-Herzegowina und Montenegro mit Besuch von vier UNESCO-Weltkulturerbestätten in Kroatien und Montenegro statt.

Sonnenaufgang am ersten Morgen über Dubrovnik Lapad.

„Non bene pro toto libertas venditur auro.
„Für alles Gold dieser Welt werden wir unsere Freiheit nicht verkaufen.“
Ivan Gundulić, kroatischer Dichter, Wahlspruch Dubrovniks

 

Dubrovnik hieß bis 1919 auf Italienisch „Ragusa di Dalmazia“.  Ragusa war eine wichtige Handelsmetropole und hat eine bewegte Geschichte. St. Blasius ist ihr Schutzpatron, zu sehen über dem Eingangstor in die Altstadt, sein Namenstag ist am 3. Februar. Die heutige „Perle der Adria“ ist ohne Frage einen Besuch wert, wenngleich die Altstadt von Touristen überlaufen ist, selbst im November. Wunderschön sind die Dolomitsteinböden aus Herzegowina. Zweimal am Tag werden sie geputzt.

Für 250 Kuna (rund 33 €) gibt es den Dubrovnik-Pass, mit dem man an einem Tag freien Eintritt in alle Museen hat und öffentliche Verkehrsmittel gratis benutzen kann. Den Pass gibt es auch für drei oder sieben Tage. Ich habe in der kurzen Zeit unseres Aufenthalts nur zwei Museen besucht: das Museum des kroatischen Schriftstellers Marin Držić und das Ethnographische Rupe-Museum in einem alten Kornspeicher aus dem 16. Jahrhundert. Es gibt noch so viel mehr zu entdecken, vielleicht später mal. Irgendwie erinnerte mich Dubrovnik auch an Valletta (Malta).

„Wenn Engel reisen, lacht der Himmel.
Wenn Engel reisen und es regnet, weint der Himmel vor Freude.“
Tamer, unser Reiseleiter, ein unverbesserlicher Optimist 🙂

Trogir (der Name kommt von tragus = Ziege) und Split (kommt von Spalatum = Ginster) waren so verregnet, dass ich mit nassen Schuhen in ein Lokal floh, Schuhe und Strümpfe auszog und warmen Tee trank, bis unsere freie Zeit zum Erkunden der Städte verstrichen war und wir wieder am Bus sein sollten. Zwei Schirme wurden nacheinander von Windböen geknickt. Für 60 kroatische Kuna (ca. 8 €) habe ich zwei neue nachgekauft. Kroatien führt erst am 1. Januar 2023 den Euro ein. Wer im November eine Reise nach Kroatien plant, sollte mit Wetterkapriolen und dem Nordwind Bora, einem gefürchteten Fallwind, rechnen und einen stabilen Regenschirm einpacken, vielleicht sogar Gummistiefel oder Plastikschuhe.

Vom berühmten römischen Diokletianpalast in Split habe ich nur die liegende Sphinx und einige imposante Mauern gesehen, leider nicht den Jupiter-Tempel (Diokletian hatte den Beinamen Jupiter) und auch nicht das Mausoleum, das sich Diokletian zu Lebzeiten bauen ließ. Mit nassen und kalten Füssen macht Sightseeing keinen Spaß.

Ich war überrascht, die liegende Sphinx am Eingang des Diokletianpalastes in Split zu sehen. Sie ist aus schwarzem Granit und über 3.000 Jahre alt.

Statt Sightseeing hielt ich mich in einer altehrwürdigen Halle mit Verkaufsständen auf, in der es wärmer und trockener als draußen war. Ein Eyecatcher waren die Dessous von Olja Einfalt, einer Spliter Designerin. Wirklich extravagante Modelle 🙂

Als vierte Weltkulturerbestadt besuchten wir Kotor, früher eine römische Siedlung mit dem Namen Catarum bzw. Cattaro. Kotor liegt in Montenegro am südlichsten Zipfel der Boka, der Bucht von Kotor. Über die Jahrhunderte wurde die Stadt immer wieder von Erdbeben heimgesucht, zuletzt 1979, als fast die gesamte Altstadt zerstört wurde. 1987 fand die große Einweihungsfeier der restaurierten Altstadt statt. Unsere Stadtführerin in Kotor, die auch in der Wunderschön-Sendung „Montenegro – Geheimtipp an der Adria“ zu sehen ist, zeigte uns Kirchen und Paläste reicher Adelsfamilien.

Kotor ist auch bekannt für seine vielen halbwilden Katzen, die in der Pestzeit die Ratten vertrieben, im Freien leben und von den Bewohnern gefüttert werden. Es gibt sogar einen Katzenplatz, an dem ich im Restaurant „Bastion“ bei strahlendem Sonnenschein zu Mittag gegessen habe. In der Mitte des Platzes steht ein Brunnen mit Trinkwasser.

Bosnien-Herzegowina, das Weinland

Beim Grenzübergang von Kroatien nach Bosnien-Herzegowina (BiH) steht auf dem Schild „Vinska Cesta Hercegovine“, übersetzt: „An der Weinstraße der Herzegowine“. Blatina ist die dominierende rote Rebsorte in der Herzegowina.

In BiH haben wir folgende Orte besucht: Pocitelj (idyllisch!) Medugorje (heilig!), Trebinje (schön!) und Mostar (slawisch für „Brückenwächter“).

„Mostar ist wie 1001 Nacht.“
Tamer, unser Reiseleiter

Die Bogenbrücke in Mostar, Wahrzeichen der Stadt. Foto: Brigitte Düker

Die geschichtsträchtige Brücke in Mostar (Stari Most) in 20 Metern Höhe über der 225 Kilometer langen Neretva verbindet die beiden Seiten, Ost und West, Orient und Okzident, die unterschiedlichen Kulturen und Religionen. 1993 wurde sie im Bosnienkrieg zerstört, nach dem Ende des Kriegs (1995) wieder originalgetreu aufgebaut und 2004 eingeweiht. Sie ist das Wahrzeichen der Stadt und zählt seit 2005 als Symbol für Völkerverständigung und Versöhnung zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Foto: Jutta Keller

Bei unserem Besuch lag ein Hund mitten auf der Brücke und schlief seelenruhig in der Sonne. Die Touristen mussten um ihn herum gehen, sogar ein Kinderwagen wurde über den vierbeinigen „Brückenschläfer“ gehoben.

 

In Mostar kaufte ich frischen Granatapfel-Saft, 1/2 Liter für 5 €. Foto: Jutta Keller

Auf der östlichen Seite der Brücke fand ich in einer Seitenstraße ein lauschiges Restaurant „Saray“ und aß im Innenhof mit kleinem Springbrunnen „Sarajevski Ceva“ (Cevapcici auf Sarajevo Art) für 6 BAM, umgerechnet 3 €. Der Cappuccino kostete 3 BAM, das sind 1,50 €. Die Währung in BiH ist die Konvertible Mark BAM: 1 BAM = 0,51 €. Schon am helllichten Tag kam mir Mostar märchenhaft vor. Wie es dann wohl in der Dunkelheit sein mag… wie 1001 Nacht?

Abendstimmung über dem Fluss Neretva in Mostar.

 

„Peace must reign between man“
Message of the Queen of Peace of Medjugorje

Medjugorje (übersetzt: in der Mitte der Berge) in Bosnien-Herzegowina besuchten wir an einem Sonntag. 1981 soll dort die Gottesmutter Maria sechs Jugendlichen erschienen sein. Der Ort zieht im Jahr 2,6 Millionen Pilger aus der ganzen Welt an. Es gibt einen großen Freilichtplatz mit 5.000 Sitzplätzen, auf dem Messen stattfinden und übertragen werden, sowie einigen Beichtkabinen. Das ganze Areal mit der St. Jakobus-Kirche, angrenzendem Park, Kreuzweg und andächtig betenden Gläubigen wirkte auf mich friedlich und entspannt. Sogar in meinem Hotelzimmer stand eine beleuchtete weiße Maria hinter Glas.

Medjugorje am Sonntag-Vormittag: Der Platz füllte sich mit Gläubigen, als eine Messe übertragen wurde.

Die Arbeitslosigkeit in Bosnien-Herzegowina ist sehr hoch, laut Reiseleiter Tamer 48 Prozent. Er erwähnte, dass die Schweizer Hilfsorganisation Helvetas das westliche Balkanland unterstützt. Auf der Homepage von Helvetas steht: „This is why Helvetas supports cross-border labor market development in the Western Balkans (Albania, Bosnia and Herzegovina, Kosovo and Macedonia) to create jobs for young people in particular.“

Erholungswoche in der Bucht von Kotor in Montenegro

Herceg Novi in der Bucht von Kotor in Montenegro: Diese Treppe führt in die Altstadt. Foto: Brigitte Düker

In der zweiten Woche konnten wir uns in einem 4-Sterne-Hotel an der montenegrinischen Adria-Küste erholen. Mein Hotel lag in der geschützten Bucht von Kotor (Boka Kotorska Bay) in dem kleinen Ort Bijela. In die nächstgrößere Stadt Herceg Novi (sie hat eine schöne kleine Altstadt „stari grad“ und einige herrschaftliche Gebäude aus der österreichisch-ungarischen Zeit) kann man mit dem Bus für 1 € fahren. Busfahren ist immer wieder ein Erlebnis. Bei der Rückfahrt von Herceg Novi spielten sie über die Lautsprecher im Bus traditionelle Musik.

In Bijela ging ich auch zum Haare schneiden bei einer Montenegrinerin, die kein Englisch sprach. Sie verlangte 5 € fürs Haareschneiden (sie hat sich getraut und viel weggeschnitten), 3 € fürs Waschen, gefönt hat sie auch noch. Ich habe ihr 10 € gegeben, sie war darüber hoch erfreut, ich auch, weil meine Haare jetzt wieder einen ordentlichen Schnitt haben.

Noch was hat mich sehr gefreut: mein Wiedersehen mit Brigitte aus Essen. Wir haben uns vor 25 Jahren in der Türkei auf einer Reise kennen gelernt und sehen uns nur sehr selten. Sie hatte mit ihrem Mann die gleiche Rundreise gebucht und war nur zwei Tage später von Düsseldorf aus geflogen. Zufällig waren wir in der zweiten Erholungswoche im selben Hotel untergebracht. Obwohl sie All-inclusive hatte, verbrachten wir viel Zeit miteinander und erkundeten die nähere Umgebung. Wenn sie ins Hotel zum Mittagessen mit ihrem Mann zurückkehrte, lief ich einfach allein weiter, immer am Meer entlang um die Bucht herum. Aufgefallen ist mir, dass relativ viele Häuser, augenscheinlich in recht gutem äußerem Zustand, zum Verkauf stehen.

„Nur wo du zu Fuß warst,
bist du auch wirklich gewesen.“
Johann Wolfgang von Goethe

In Portonovi, einem der beiden großen Jachthäfen in Montenegro,  lag die „Logos Hope“. Von weitem dachte ich, es sei eine Fähre. War es aber nicht, sondern ein stattliches Schiff, auf dem Hunderte von Büchern zum Kauf angeboten wurden. Junge Leute aus der ganzen Welt leben und arbeiten ehrenamtlich im Dienste des Glaubens auf der „Logos Hope“ und fahren von Hafen zu Hafen, wo sie mit Einheimischen zusammenkommen. Wäre ich nochmal 20, würde ich mich sofort bewerben und mitfahren. Bücher habe ich auf dem Schiff keine gekauft, in meinem Keller in München lagern rund 1.600 gebrauchte und neue Bücher, die ich über Amazon zum Kauf anbiete. Dafür habe ich zwei Radiergummi erstanden und  erfuhr beim Bezahlen an der Kasse von der jungen Frau, eine Deutsche, dass hinter „Logos Hope“ ein Unternehmen in Mosbach am Neckar steht.

Mein persönliches Highlight in der zweiten Woche: Bis Mitte November konnte ich noch im schon recht frischen Wasser der Adria schwimmen. Ein natürlicher Booster für das Immunsystem! 🙂

Wer gern Seeluft auf einer Fähre schnuppert, kann das in der Bucht von Kotor von einer zur anderen Seite – von Kamenari nach Lepetane – rund um die Uhr tun. Fußgänger können auf der „trajekt“ gratis mitfahren. Die Überfahrt dauert nur rund zehn Minuten.

By the way: Boris Reitschuster soll sich in Budva (außerhalb der Bucht von Kotor) niedergelassen haben, nachdem er wegen seiner unbequemen Fragen zu Corona aus der Bundespressekonferenz ausgeschlossen worden war. Auch weiß ich, dass sich in Montenegro impfunwillige Deutsche in Communities zusammengeschlossen haben.

Die Ballerina von Budva – eine Bronzestatue vor dem Mogren Strand – wartet tanzend auf ihren Liebsten.

Unterwegs mit Tamer, einem charismatischen Reiseleiter

Wie war der Reiseleiter, möchten Sie sicherlich auch wissen. Nach meinen bescheidenen Erfahrungen – ich habe erst drei Studienreisen bei zwei Veranstaltern gemacht – steht und fällt jede mit der Qualität ihrer Leiterin bzw. ihres Leiters: fachlich und menschlich. Für mich war die mit unserem türkischen Reiseleiter Tamer – einige nannten ihn „Theo“ – unübertrefflich. Er kam mir vor wie ein wandelndes Lexikon und vermittelte mir – ich kann in diesem Fall nur für mich selbst sprechen – detailreiches Wissen über seine Sicht der „Seidenstraße durch den Balkan“, das mir einen neuen Kulturkreis erschloss und geschichtliche Zusammenhänge aufzeigte.

Perast mit der Barockkirche „Maria vom Felsen“ auf der künstlich erschaffenen Insel in der Bucht von Kotor.

Zu allen Zeiten waren und sind es die Handelswege zwischen Orient und Okzident, auf denen Güter transportiert und ausgetauscht werden und die zu Krieg und Armut oder Frieden und Wohlstand führen. Ein komplexes wirtschaftshistorisches und -politisches Thema, für das Tamer mit seiner unvergleichlich charismatischen, asiatisch-heiteren Gelassenheit sensibilisierte, die tief in mir resonierte. Das hatte ich 2018 bei meiner ersten RSD-Reise durch Marokko mit einer übergriffigen Reiseleiterin ganz anders erlebt.

Professionell – spirituell – geschäftstüchtig

Tamer strahlte eine buddhistische (Seelen-)Ruhe aus. Als er beim Einchecken in einem Hotel unsere Namen einzeln aufrufen musste, was ihm nicht sonderlich behagte, beruhigte er sich (und auch mich) mit einem „OM“. Bei seinen Erläuterungen im Bus flossen nebenbei auch „Namaste“ zur Begrüßung und „Om Mani Padme Hum“ ein.

Temples of Kathmandu, Copyright: Western Nepal Craft

Das Mantra des liebenden Mitgefühls ist eines der stärksten Mantren überhaupt. Ich habe es in Kathmandu an der großen Stupa von Bodnath gehört, als ich das imposante buddhistische Bauwerk im Uhrzeigersinn umrundete und das Mantra „OM Mani Padme Hum“ immer und immer wieder gesungen wurde.

Foto: Jutta Keller

Wenn – wie bei Tamer – Wissen und Professionalität sich mit Spiritualität, Empathie und Geschäftstüchtigkeit paaren, ist das eine unschlagbare, hochenergetische Mischung.

 

Wie auf einem Bazar oder Souk, nur edler

„Das sind geknüpfte Aktien.
Das Bild ist mit den Knoten gemalt.“
Guide in der Teppichgalerie über „Das letzte Abendmahl“.
In dem Kunstwerk stecken 13,5 Jahre Handarbeit.

Das Programm umfasste auch den Besuch einer Teppichgalerie sowie einer Schmuck- und Ledermanufaktur, was ich schon bei der RSD-Reise nach Marokko erlebt hatte. Ich war also darauf vorbereitet, hörte zu, schrieb (wie immer) mit, liebäugelte mit dem ein oder anderen Stück, kaufte aber nichts. Vielleicht lag es daran, dass ich bei der Performance in der Teppichgalerie nur Salbeitee trank und keinen Wein oder Grappa, die während der Performance ausgeschenkt wurden. „Wein steigert die Kauflust“, sagte der Guide in der Teppichgalerie. Lust hin oder her – ich brauche wirklich nichts, auch keine Kapitalanlage mit einer Wertsteigerung von 4 bis 18 Prozent, weder bei einem Teppich, noch bei einem Schmuckstück. Vielleicht später mal, wenn ich noch älter bin 😉

Zudem kenne ich das Metier von meinem Arbeitseinsatz als Hostess in Israel. 1981 lebte ich für fünf Monate in Netanya (Israel) am Mittelmeer, wo ich – das war einer meiner Jobs – TouristInnen auf der Straße ansprach und zum Besuch ins Netanya Diamond Center einlud, damit sie dort Geschmeide kauften. Provision bekam ich dafür keine. Auch meine Tätigkeit als Hostess auf verschiedenen Messen in München (ISPO, Bauma, etc.), wo ich in den 1980er-Jahren für mein Studium jobbte, lehrte mich, den Verlockungen nicht gleich nachzugeben. Geheime Verführer lauern überall. Nicht umsonst habe ich an der Uni im Nebenfach „Markt- und Werbepsychologie“ den Klassiker „Die geheimen Verführer. Der Griff nach dem Unbewußten in jedermann“ von Vance Packard gelesen, den ich jeder/jedem empfehlen kann.

Persönliches Resümee

Alles wirkliche Leben ist Begegnung.
Wenn wir aufhören, uns zu begegnen,
ist es, als hörten wir auf zu atmen.“
Martin Buber, Religionsphilosoph

Tamer hat in 15 Ländern Reisen geleitet und ist ein „alter Hase“. Über sich selbst sagte er mal, er sei mit allen Wassern gewaschen. Ich bin auch mit vielen Wassern gewaschen und habe einen starken Willen. Wenn ich was nicht will, wie zum Beispiel das in der zweiten Woche im Hotel extra zu buchende Abendessen bzw. All-inclusive-Paket, sage ich „Nein!“. Ich gehe lieber draußen essen, wenn ich Hunger habe und nicht erst ab 19 Uhr in den lauten Hotel-Dining-Room. Tamer hat mein „Nein“ respektiert und nicht weiter insistiert. Er kennt seine Pappenheimer, er ist ein Menschenkenner. Wir haben spirituelle Wurzeln im nahen und fernen Osten: in Indien und Asien. Das verbindet uns. Vielleicht ist er mir deshalb so vertraut. Die Gratwanderung zwischen Nähe und Distanz zu seinen Gästen ist wohl die größte Lernaufgabe eines Reiseleiters.

Auch ich habe meine Hausaufgabe gemacht und zwei Begriffe nachgeschlagen, die Tamer öfter im Bus erwähnte und die ihm offenbar sehr wichtig sind: Die Schlacht auf dem Amselfeld 1389, die als eine Art Wendepunkt der europäischen Geschichte gilt, und Helvetas, eine Schweizer Hilfsorganisation, siehe oben die Passage über Bosnien-Herzegowina.

Sieht aus wie ein echter Delfin, ist aber ein Kunstwerk in der Bucht von Kotor. Delfine soll es hier tatsächlich geben.

Tamer war ein ebenso seltener Glücksfall wie die Reise selbst, an der ich ohne Impfung und Maske teilnehmen konnte. Die Herzen seiner 35 deutschen Gäste im Bus hat er auf jeden Fall gewonnen. Das haben sie ihm mit ihren Trinkgeldern am Ende der Woche gedankt. Auch mein Herz hat er tief berührt. Ich liebe seinen Geist, Mind, Spirit, Intellekt und seine Menschenliebe. Um es philosophisch mit den griechischen Worten für „Liebe“ zu umschreiben (Tamers Großmutter stammt aus Griechenland, in die Türkei kam sie ohne Sprachkenntnisse): „Agape“ und „Philia“.

Zu guter Letzt: Edo, unser kroatische Busfahrer, war auch Gold wert. Sicher fuhr er uns Hunderte von Kilometer auf der wild-romantischen Adriatischen Küstenstraße „Jadranska Magistrala“ und im Landesinneren durch drei Länder, verstaute unsere schweren Koffer jeden Morgen im Bus und zog sie jeden Abend wieder heraus. Ein super Team: Edo & Tamer!

Letztlich sind es auf Reisen die Begegnungen und Emotionen, die uns inspirieren und – in meinem Fall – wieder zum Schreiben motivieren. Herzlichen Dank, içten teşekkürler, Tamer! 

P.S.
Ich habe noch 3 einfache Montenegro Maps (Landkarten), originalverpackt in Folie.
Für 1,60 € (Porto für Großbrief) verschicke ich die Karte. Bei Interesse bitte melden.


Die Reise fand auf eigene Kosten statt. Mein Erfahrungsbericht darüber ist auf eigene Initiative entstanden! 

Literatur:

Marko Plešnik: Montenegro. Zwischen Adria und Schwarzen Bergen, Trescher Verlag 2021, ISBN 9783897945111

Achim Wigand: Montenegro. 16 Wanderungen und Touren, Michael Müller Verlag, ISBN 3956547314

Matthias Koeffler: Dalmatien. Mit Adriaküste, Zadar, Sibenik, Split und Dubrovnik, Trescher Verlag 2021, ISBN 9783897945319

6 Gedanken zu „Unterwegs auf dem Balkan“

  1. Mit sehr viel Freude, Schmunzeln, Spannung und Berührtheit gelesen. Ganz wundervoller Artikel. Vielen Dank, liebe Jutta ❣️

    PS. Kosova wartet geduldig, von Dir entdeckt zu werden.

    Antworten
  2. Liebe Jutta,

    was für ein schöner, unterhaltsamer und gut recherchierter Artikel. Habe ihn gerade gelesen. Tolle Bilder.
    Rovinje und Split kenne ich. Split auch im Regen. Der Palast ist schon sehr beeindruckend.
    Und sehr interessant mit Boris Reitschuster in Budva.

    Danke fürs Schicken
    Liebe Grüße
    Sabine

    Antworten
  3. Liebe Jutta,
    Du hast uns noch einmal die Reise erleben lassen.
    Zusätzlich durch Deine Anwesenheit in der letzten Woche bereichert.
    Danke Dir für den wunderbaren Bericht!
    Lieben Gruß
    Brigitte

    Antworten

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